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Zur Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen bei einer Anlageberatung unabhängig vom Zahlungsfluss

OLG Stuttgart Urteil vom 30.11.2010, 6 U 2/10

Ein Anleger (Kläger), der nach Gesprächen mit einem Kundenberater der Beklagten eine Treuhandbeteiligung zeichnet, hat einen Anspruch auf Rückabwicklung der Kapitalanlage gegen die Beklagte, wenn diese für den Vertrieb der Kapitalanlage eine Provision i. H. v. 8,25 bis 8,72 Prozent der Zeichnungssumme erhält und hierüber zwischen dem Anleger und dem Kundenberater nicht gesprochen wurde.

Gründe:

Dem Kläger steht gem. § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Anlageberatungsvertrags zu.

Eine schuldhafte und für die Anlageentscheidung des Klägers ursächliche Pflichtverletzung der Beklagten liegt bereits in dem unterlassenen Hinweis auf die Provision, die die Beklagte infolge des Zustandekommens der mittelbaren Beteiligung erwartete. Nach der Rechtsprechung des BGH muss eine Bank, die im Rahmen eines Beratungsvertrages Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass sie Rückvergütungen von der Fondsgesellschaft erhält. Denn eine vom Umsatz abhängige Verdienstaussicht der Bank begründet die Gefahr, dass sie ihre Empfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Vergütungen zu erhalten.

Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die vorgenannte Rechtsprechung greife schon deshalb nicht, weil es sich vorliegend nicht um eine "Rückvergütung", sondern um eine Vertriebsprovision, die als kalkulatorischer Preisbestandteil keinerlei anrüchigen Charakter habe. Die Haftung der Beklagten hängt auch nicht davon ab, ob sie die Provision von der Fondsgesellschaft oder von dem Vertriebsunternehmen erhält, das von der Fondsgesellschaft beauftragt worden ist und die Bank seinerseits als Unterbeauftragte eingeschaltet hat. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Bank abhängig vom Erfolg ihrer Vertriebsbemühung - für den Anleger nicht erkennbar - eine Vergütung für ihre Anlageempfehlung von dritter Seite erhält.

Der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die mittelbare Beteiligung nicht gezeichnet und den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen (negatives Interesse). Zu Recht hat das LG daher auf Rückzahlung der von dem Kläger geleisteten Gesellschaftseinlagen erkannt. Ebenfalls zu Recht hat es die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, den Kläger von den Darlehensverbindlichkeiten und von allen Schäden freizustellen. Der Ausspruch zu den Zinsen war allerdings abzuändern. Der Kläger hat nur Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 291 BGB). Entgangene Anlagezinsen i.H.v. 4 Prozent seit dem Tag der Zeichnung kann er aber nicht verlangen, weil ein entgangener Gewinn (§ 252 BGB) nicht hinreichend dargetan ist.

Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, dass dem Kapitalanleger, der durch schuldhaft unrichtige Angaben zu der Anlageentscheidung bewogen wird, auch der Schaden zu ersetzen ist, der sich typischerweise daraus ergibt, dass Eigenkapital in solcher Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben wäre. Hinsichtlich der Verzinsung sind verschiedene Anlageformen aber nicht ohne weiteres vergleich- und austauschbar. Insbes. kann nicht unterstellt werden, dass ein Anleger, der sich an einem "Steuersparmodell" beteiligt hat, bei Kenntnis der Erfolglosigkeit seiner Anlage ausgerechnet einen Sparvertrag, z. B. über Festgeld, abgeschlossen hätte; Vielmehr liegt es nahe, dass er als Alternative ebenfalls eine unternehmerische Beteiligung mit Verlustzuweisungen gewählt hätte. Jedenfalls fehlt es an geeigneten Anknüpfungspunkten, einen entgangenen Gewinn gem. § 287 ZPO zu schätzen.

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