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Fallbeispiel

Die steuerbegünstigte Immobilie
Beispiel aus der Praxis

Vertragsanbahnung und -abschluss:

Alles fängt mit einem Telefonanruf (sog. Cold-Call) an. Der Anrufer gibt an, im Auftrag eines Wirtschaftsunternehmens oder eines Umfrageinstituts eine Umfrage zum Thema "Zufriedenheit der Bürger mit der Steuerpolitik der Regierung" durchzuführen. Wer ist an dieser Stelle nicht der Meinung, er zahle zu viel Einkommensteuer ? Einige Tage  später meldet sich telefonisch ein(e) Mitarbeiter(in) eines Finanzdienstleistungsunternehmens unter Bezugnahme auf den vorangegangenen Telefonanruf und teilt mit, dass das Ergebnis der Umfrage so ausgefallen sei, dass ein hoher Prozentanteil der Befragten der Meinung seien, sie zahlen zu viel Steuern. Der Anrufer teilt mit, man habe ein kostenloses und unverbindliches Beratungsgespräch zum Thema „Steuern sparen“ gewonnen. Um es unkompliziert zu machen, könne man jemanden direkt nach Hause schicken (dabei geht es doch lediglich darum, dass sich jeder in den eigenen vier Wänden sicherer und wohler fühlt als in fremden Räumlichkeiten und darum, dass sämtliche vom Finanzdienstleister benötigte Unterlagen in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden können). Der/die vom Finanzdienstleister „Entsandte“ berichtet dann beim Hausbesuch von verschiedenen Möglichkeiten, weniger Lohnsteuer zu zahlen, ohne dabei allerdings ins Detail zu gehen. Dies sei dem „Fachmann“ vorbehalten. Im Wesentlichen hat der „Entsandte“ zwei Aufgaben zu erfüllen:

  • Unterlagen für seinen Auftraggeber beschaffen (Bausparverträge, Kontoauszüge, Darlehensverträge, Mietverträge, Lohn- und Gehaltsbescheinigungen etc.), um einen möglichst vollständigen Überblick über die Vermögenssituation zu gewinnen und
  • den Kontakt zum Finanzdienstleistungsunternehmen durch Vereinbarung eines weiteren Termins herzustellen.

Kommt es zu diesem Treffen, so findet es in den Räumlichkeiten des Finanzdienstleisters statt und die meist angemieteten Büroräume sind durchaus repräsentativ. Auch der auf Seiten des Finanzdienstleisters auftretende Ansprechpartner ist sehr gut gekleidet (meist makelloser Anzug und Krawatte) und sehr wortgewandt. Da dieser bereits über die notwendigen Unterlagen verfügt, hat er auch schon einige Zahlenbeispiele parat. Noch erwähnt er nicht, dass es dabei eigentlich um den Erwerb einer Immobilie geht. Stattdessen gibt es nebulöse Aussagen über hohe Steuerersparnisse durch Beteiligungen an staatlich geförderten Wohnprojekten oder Denkmalschutz. Alles selbstverständlich legal, weil eben der Staat/das Finanzamt daran beteiligt sei. Dem potenziellen Anleger wird dabei mitgeteilt, dass er lediglich € 50,00 bis € 100,00 dazu zahlen müsse. „€ 50,00 werden Sie wohl monatlich übrig haben, oder ?“. Es sei alles sicher und trage sich fast von alleine, durch die Mieten, die vom Finanzamt gewährten Steuervorteile und eben € 50,00 - € 100,00 monatlich. „Immobilien sind Sachwerte und daher inflationsgeschützt.“ Da die Mieten steigen, seien auch Wertsteigerungen bei Immobilien sicher, dass wisse doch jeder. Man brauche sich um gar nichts zu kümmern, die Vertriebsfirma erledige alles. Ein weiteres immer wieder gerne verwendetes Argument: „nicht viele Bürger kommen in den Genuss solcher staatlich geförderter Kapitalanlagemodelle.“ Dabei wird dem potenziellen Anleger nicht selten das Gefühl vermittelt, er sei privilegiert, ja sogar auserwählt worden.

In einem weiteren Beratungsgespräch – sofern ein solches überhaupt noch stattfindet -  lässt der Anlageberater plötzlich die Katze aus dem Sack. Man habe das Passende gefunden, eine Immobilie, die Steuervorteile bringen soll. Solche Immobilien liegen oft in Berlin, Magdeburg, Leipzig oder Dresden. Handelt es sich um eine sog. Bestandsimmobilie, so wird der Anlageberater in der Regel sagen, dass man sie nur zwei Jahre behalten müsse und danach könne sie jederzeit mit hohem Gewinn verkauft werden; handelt es sich dabei um eine denkmalgeschützte Immobilie, so könne diese erst nach 10 Jahren mit hohem Gewinn verkauft werden. Möglich sei auch, dass die nach 10 Jahren amortisierte Immobilie zur Eigennutzung behalten werde, so der Anlageberater, so dass man quasi ab diesem Zeitpunkt die monatliche Miete spare. Man müsse aber schnell handeln und die Immobilie reservieren, weil die Liste der Interessenten lang sei. Nebenbei wird nun auch die Bank erwähnt, die aber alles prüfe und genehmigen müsse, damit das Geschäft zustande kommt. Auf Fragen des potenziellen Anlegers hat der Anlageberater immer eine passende Antwort bereit und zwar so lange bis keine Fragen mehr offen sind. Nicht selten dauert ein solches Gespräch 2 – 4 Stunden. Viele Betroffene teilten mir mit, dass sie regelrecht „bearbeitet“ wurden und am Ende bereit waren, quasi alles zu unterschreiben, nur damit alles ein Ende hat. Für diejenigen, die wiederum vom anstehenden Vertrag Abstand nehmen wollen, gibt es auch die passenden Druckmittel:  für die bisherige Leistung des Vertriebs würde eine Maklergebühr anfallen. Erfahrungsgemäß wird hier ein Betrag zwischen € 1.000,00 und € 10.000,00 genannt.

Nach einem langen Arbeitstag und dem anschließenden 2 bis 4-stündigen Beratungsgespräch geht es gleich – es ist oft weit nach 18:00 Uhr – zum Notar, der ja glücklicherweise noch einen Termin frei hat (nicht ohne Grund hat sich der Begriff der Mitternachtsnotare eingebürgert). Dabei weist der Anlageberater immer wieder darauf hin, dass es sich dabei lediglich um eine Reservierung oder um ein Angebot handele, was jederzeit zurück genommen werden könne. Dem ist – wie alle Anleger später bitter feststellen müssen – nicht so. Wohlgemerkt, bis zu diesem Zeitpunkt

  • hat der Anleger keine Vertragsunterlagen zur Verfügung gestellt bekommen,
  • ihm wurde die Immobilie angeblich aus Zeitgründen nicht gezeigt,
  • er kennt den Verkäufer/Bauträger nicht

Hat man jedenfalls beim Notar seine Unterschrift geleistet, kann man als Außenstehender wohl mit Fug und Recht behaupten, dass man in der Falle sitzt. Der Betroffene hingegen ahnt dies nicht, auch wenn er dabei doch ein „komisches Bauchgefühl“ hat.

Was ist beim Notar tatsächlich passiert ?

In der Tat handelt es sich bei der vor dem Notar abgegebenen Willenserklärung um ein Angebot. Würde der Anlageberater im Rahmen der Beratungsgespräche einzig und allein von einem Angebot reden, so ist das aber nur die halbe Wahrheit und daher irreführend und falsch. Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Ist aber der Verkäufer im Notartermin nicht anwesend, so kann der Käufer lediglich ein Angebot auf Abschluss eines Wohnungskaufvertrages (bei Bestandsimmobilien)/Kaufvertrages mit Bauträgerverpflichtung (bei denkmalgeschützten Immobilien) abgeben. Dieses Angebot kann dann vom Verkäufer in einem anderen Notartermin, bei dem der Käufer nicht anwesend sein muss, angenommen werden. Entscheidend ist aber folgender Aspekt: das vom Anleger/Käufer abgegebene Angebot ist für einen Zeitraum von 4 Wochen bindend, d. h. unwiderruflich. Der Widerruf kann erst nach Ablauf der 4 Wochen ohne Angabe von Gründen erklärt werden, wenn bis dahin der Verkäufer das Angebot nicht angenommen hat. In etwa 95 % der von mir bislang betreuten Fällen wurde das Angebot innerhalb der 4 Wochen angenommen. Um es deutlich zu machen: aufgrund dieser – im Übrigen rechtlich einwandfreien – Vertragskonstruktion gibt der Käufer die Entscheidung über das Zustandekommen des Kaufvertrages vollständig aus der Hand. Faktisch hat er hier bereits den Kaufvertrag besiegelt. Dies entspricht aber nicht den Aussagen des Anlageberaters im Rahmen der Vertragsanbahnung („ Es ist eine Reservierung bzw. ein Angebot, das jederzeit zurück genommen werden könne“). Das bedeutet, dass der Kaufvertrag als solcher rechtlich „wasserdicht“ ist, aber das Zustandekommen des Vertrags ist aufgrund der unvollständigen, irreführenden und somit falschen Beratung mit einem erheblichen rechtlichen Makel behaftet.

Die ersten Wochen nach Kaufvertragsabschluss

In den ersten Tagen nach dem Notartermin häufen sich bei vielen Käufern die Fragen und Zweifel, ob man alles richtig gemacht habe. In der Regel werden leider Zweifel von der Hoffnung verdrängt, alles richtig gemacht zu haben. Auch steht dem Käufer lediglich der Anlageberater als Ansprechpartner zur Verfügung (noch) und dieser wird alles schönreden und den Käufer in seiner Entscheidung bestätigen. Noch nehmen einige Vertriebsfirmen ihr Versprechen ernst, sich um alles zu kümmern und weisen den Käufer darauf hin, er möge alle Rechnungen an den Vertrieb weiterleiten. Für manch Käufer bestätigen sich aber jetzt schon die zuvor aufgetretenen Zweifel, denn einige Vertriebsfirmen wollen plötzlich von dem Versprechen, sich um alles zu kümmern, nichts mehr wissen. Nicht selten erhalten dann Käufer Mahnungen vom Finanzamt (Grunderwerbsteuer) oder den Notaren und dem Grundbuchamt. Der Anlageberater, der nun – entgegen den mündlichen Aussagen im Beratungsgespräch - die Übernahme solcher Kosten ablehnt, wird bald für den Käufer schlichtweg nicht mehr zu erreichen sein. Die Kreditunterlagen für die Finanzierung des Vorhabens werden nun zur Unterschriftsleistung vorgelegt, ohne dass der Käufer zuvor auch nur ein einziges Gespräch mit der Bank geführt hat.

Probleme

In solchen Fällen entpuppt sich die vermeintlich renditeträchtige Kapitalanlage oft als kostenproduzierende Maschinerie. Erhebliche Schwierigkeiten treten auf im Zusammenhang mit der Vermietung, den meist hohen Nebenkosten (Hausgeld) und den notwendigen Renovierungsarbeiten, so dass der Käufer nicht mehr in der Lage ist, die finanzielle Last zu tragen. Hatte der Anlageberater noch vor Vertragsabschluss von € 100,00 monatlicher Zuzahlung gesprochen, so stellt sich im nachhinein heraus, dass die tatsächlich anfallenden monatlichen Kosten der Wohnung weit darüber hinaus gehen. Bei dem Versuch, die Immobilie wieder zu veräußern, stellt der Käufer fest, dass diese gerade mal die Hälfte des ursprünglich gezahlten Kaufpreises Wert ist. Da aber der beim finanzierenden Institut aufgenommene Kredit in voller Höhe getilgt werden muss, müsste der Käufer nach einem Verkauf der Wohnung etwa die Hälfte des Darlehensbetrages aus eigenen Mitteln aufbringen. Der Wiederverkauf scheidet daher als Lösungsvariante faktisch aus.
Viele der geschädigten Anleger, die spätestens jetzt ihre prekäre Situation begriffen haben, machen einen entscheidenden Fehler: sie isolieren sich und reden nicht über ihr Problem. Dabei wäre es durchaus hilfreich, sich erst einmal mit Verwandten, Freunden oder Bekannten darüber zu unterhalten, denn die Meinung eines jeden unbeteiligten Dritten kann etwas Nützliches enthalten. Leider kommt es zu oft vor, dass geschädigte Anleger sich regelrecht für ihre Situation schämen. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Letztendlich geht es um die (Ihre) existenzielle Zukunft !

Lösungswege

Je früher ein Problem erkannt wird, desto vielfältiger ist das Spektrum an Lösungsmöglichkeiten. Zudem gilt für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus Falschberatung die relativ kurze Verjährungsfrist (3 Jahre ab Kenntnis über die schadenersatzbegründenden Umstände und Schädiger). Als Haftungsadressaten kommen Bauträger, Fondsgesellschaften, Vertriebs- und Maklerfirmen, Anlageberater, Banken und Prospektverantwortliche in Betracht.
Eine wichtige Frage, die vorab geklärt werden sollte, ist das Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung und die Kostenübernahme durch diese. Etwaige Schadenersatzansprüche werden zunächst außergerichtlich geltend gemacht. Bereits vor Einschaltung des Gerichts kann eine Klärung etwa durch einen außergerichtlichen Vergleich veranlasst werden, sofern die Interessen des Mandanten dabei gewahrt werden und das Vergleichsergebnis dem Verhältnis zwischen Chancen und Risiken in einem gerichtlichen Verfahren entspricht. Scheitert die außergerichtliche Streitbeilegung, hängt die gerichtliche Verfolgung der Ansprüche u. a. von folgenden Aspekten ab:

Welche Chancen, welche Risiken bestehen ? Was sagt die obergerichtliche Rechtsprechung und die des BGH zu dem Rechtsproblem ? Welche Beweismittel kann der Mandant dem Anwalt liefern ? Welche Kosten können im ungünstigsten Fall anfallen ? Wer trägt diese Kosten im ungünstigsten Fall ? die Rechtsschutzversicherung ? der Mandant selbst ? Prozesskostenhilfe ? Wie ist die Verjährungsproblematik zu bewerten ? Wie steht es um die Bonität des Gegners, um Forderungsausfälle möglichst zu vermeiden ? (Auch ein obsiegendes Urteil ist wertlos, wenn der Gegner finanziell angeschlagen oder gar kurz vor der Pleite steht)

Nur wenn der Mandant über diese Aspekte vollumfänglich aufgeklärt wird, kann er selbständig eine Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens treffen. Dabei stehe ich Ihnen selbstverständlich beratend zur Seite. Das Ziel ist, den geschädigten Anleger so zu stellen, als hätte er das Geschäft nicht getätigt. Ich beschäftige mich seit fünf Jahren mit dem Thema Banken-/Verkäufer-/Vermittlerhaftung und konnte vielen geschädigten Anlegern zur Rückabwicklung des Kaufvertrages oder aber zu einem Verzicht/Teilverzicht seitens der Bank verhelfen. Meine Kanzlei bietet Ihnen eine Ersteinschätzung Ihres Falles an. Schicken Sie mir Ihre Unterlagen nebst Gedächtnisprotokoll (Ablauf der Beratung) und Sie erhalten eine schriftliche rechtliche Stellungnahme (kostenpflichtig) über die Erfolgsaussichten des Falles. Ferner erfahren Sie, welche Kosten bei Mandatierung anfallen. Eine Ersteinschätzung Ihres Falles kann auch in einem persönlichen Termin (ca. 1 ½ Stunden) in meinen Kanzleiräumen erfolgen (siehe Kosten/Erstberatungsgebühr). Bringen Sie bitte zum Termin sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit der Immobilie mit.